Meine ersten drei Monate in Südfrankreich

Junge auf Fahrrad mit Baguette in der Hand

20. August – 6:00 Uhr morgens – Berlin

In kurzen Hosen und in Dr. Martens laufe ich die Straße meiner Kindheit hinunter. Das Rollen der Koffer, ist das einzige was an diesem frühen Morgen zu hören ist. Mein Bruder und mein Vater begleiten mich.

Wir laden die Koffer ins Auto und fahren durch das langsam zum Leben erwachende Berlin zum Flughafen.

20. August – 11:10 Uhr – Irgendwo über Frankreich

Ich lehne meinen Kopf an das Fenster des Flugzeuges. Auf meinen Kopfhörern läuft Cro, während ich versuche durch die Wolken einen Blick auf die Welt unter mir zu erhaschen. Ich schließe die Augen und lausche der vertrauten Stimme von Carlo. Der Song ist kurz vor dem Refrain, meiner Lieblingsstelle. Ich öffne meine Augen wieder und beobachte wie die Wolken an mir vorbeiziehen. Dann plötzlich sind sie verschwunden, und ein wundervoller Blick tut sich unter mir auf. Das Mittelmeer. Blau, ruhig und unendlich liegt es vor mir.

Ein neues Kapitel meines Lebens beginnt.

02. Dezember – 11:19 – Sanary-sur-mer

Drei.

Drei Monate.

Schon? Erst?

Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, seit ich in dem Flugzeug nach Marseille saß. Doch gleichzeitig fühlt es sich wie gestern an. Ich habe mein Gefühl für die Zeit verloren.

Ich sitze an meinem Schreibtisch. An einem, meiner drei Schreibtische, wenn man so will. Als ich angekommen bin, lebten wir noch zu dritt in diesem Haus. Ich hatte das Glück von meiner Vorfreiwilligen noch eingewöhnt werden zu können. Doch nach 10 Tagen gemeinsamen Wohnens endete ihr FSJ und ich blieb alleine zurück. In einem Haus. Nur für mich. In Südfrankreich.

Crazy.

Anfangs war es noch gewöhnungsbedürftig so alleine zu leben. Aber schnell habe ich mich daran gewöhnt und mittlerweile liebe ich es.

Ich habe mir das Haus so umdekoriert wie es mir gefällt. Es ist zwar immer noch nicht perfekt aber ich fühle mich hier schon wohler. Das Gebäude ist wirklich sehr alt und das merkt man. Einerseits ist es wunderschön, wenn nicht das schönste Gebäude auf dem gesamten Gelände. Andererseits ist schon etwas heruntergekommen. Als ich angekommen bin, gab es kein warmes Wasser (jeden Tag kalt duschen – yay) und keine Heizung. Doch das wurde zum Glück behoben.

Gewöhnungsbedürftig fand ich aber am meisten die Küche.

Diese bestand nur aus einer Herdplatte zu der es keine passende Pfanne gab und einer Mikrowelle. Außerdem war Sie ziemlich dreckig und einfach hässlich. Ich habe aufgeräumt geputzt neue Küchenutensilien gekauft und bald bekomme ich einen Ofen und eine neue Herdplatte. Dann habe ich nichts mehr an meinem neuen Zuhause auszusetzen.

02. Dezember – 13:19 – Sanary-sur-mer

Ich komme gerade vom Essen zurück. Das ist nämlich das Tolle hier. Das Restaurant vom Centre ist direkt gegenüber vom Haus und ich kann morgens, mittags und abends kostenlos dort essen. Die zwei Köche sind super nett und haben immer etwas zum Essen da. Doch für mich ist es etwas schwieriger, da ich mich vor gut zwei Monaten dazu entschieden habe Veganer zu werden. Seit dem ist die Essensauswahl für mich im Restaurant auf ein Minimum geschrumpft.

Doch das ist kein Problem, da ich super gerne koche und so für viel Abwechslung in meiner Ernährung sorgen kann.

Auch gibt es im Restaurant eine große Kaffeemaschine mit der ich mir kostenlos Kaffee machen kann.

Meine Kollegen sind alle super nett und ich fühle mich sehr wohl hier. Ich arbeite eigentlich hauptsächlich im Restaurant als Kellner. Auch wenn das oft sehr anstrengend ist, macht es mir doch spaß. Der Kontakt mit den Menschen, die Gespräche auf Französisch, die Zusammenarbeit im Team und der Stress gefallen mir.

Meine Sprache hat sich jetzt schon so viel verbessert. Ich hatte Französisch schon neun Jahre in der Schule, aber mein Sprachniveau war immer eher mittelmäßig. Meine Ausprache und mein Wortschatz sind so viel besser geworden und ich bin gespannt wie mein Sprachniveau am Ende dieses Jahres so ist.

28. September – 15:34 – Zwischen Toulon und Sanary

Ich sitze im Zug nach Toulon. Draußen ziehen Pinienbäume und Weinfelder vorbei. Neben mir sitzt Zahari, ein Mädchen aus London, welches mir gerade versucht von dem Film zu erzählen, den wir gemeinsam im Kino angucken wollen. Ihre Mitbewohnerin Aine sitzt neben ihr und guckt etwas verwirrt ins Handy.

Wir haben uns online über Bumble BFF kennengelernt und mittlerweile gehören die Beiden zu meinen besten Freunden hier in Frankreich.

Freunde finden ist hier tatsächlich etwas komplizierter, da es in Sanary nicht viele Jugendliche gibt und die meisten aus Toulon, Marseille oder Aix-en-Provence kommen. Trotzdem konnte ich mittlerweile schon einige tolle Bekanntschaften mchen. Einerseits kann man online viel Leute aus der Umgebung kennenlernen, andererseits hab ich mich in einem Boxclub angemeldet.

Toulon ist wunderschön und ich liebe es durch die Straßen zu schlendern und an den Französischen Hausfassaden hochzugucken, während mich die Geräusche von Möwen und französischer Straßenmusik einhüllen.

Doch es bleibt nicht bei Toulon, ich habe es mir zu einem kleinen Hobby gemacht die Städte und Orte aus der Umgebung zu erkunden und mit Freunden zu entdecken. Zusätzlich dokumentiere ich mein Leben und meine Erfahrungen auf YouTube (@oskartebroke)

Das Wetter ist meistens wunderschön. Bis spät in den September blieb es warm genug, um im T-Shirt rumzulaufen. Doch jetzt wird es langsam immer kälter hier.

Der Himmel ist meistens blau und die Sonne scheint eigentlich auch jeden Tag. Nicht unterschätzen sollte man aber den Wind, der hier wirklich enorme Kräfte entwickeln kann. Und so schnell und unerwartet wie die Sonne kommt, weicht sie auch enormen Wolkenbrüchen und Gewittern.

Ich liebe es mich mit einem Kakao ins Bett zu kuscheln und dem Regen zu lauschen.

02. Dezember – 13:52 – Sanary-sur-mer

In zwölf Tagen geht es zurück für mich nach Berlin. So lange war ich noch nie von Zuhause weg und ich vermisse den Geruch der Stadt. Ich vermisse meine Familie, meinen Hund und mein Zimmer. Ich vermisse meine Freunde und die gemeinsamen Abende, die wir miteinander verbringen.

Ich freue mich unglaublich alle wiederzusehen und ich freue mich auf Weihnachten, den Duft von Tannennadeln, Kerzen und Plätzchen. Den Weihnachtsmärkt, Kinderpunsch und Schnee.

Bald bin ich wieder bei dir. Berlin.

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